Menschen mit Demenz werden in ihrem Alltag oft unsichtbar. Sie isolieren sich mehr und mehr aus dem alltäglichen Leben. Freunde werden weniger, Aktivitäten und Hobbys verlieren ihre Bedeutung. Oft sind es nur noch die nächsten Angehörigen, die sie zu Gesicht bekommen. Häuser und Wohnungen werden zu Gefängnissen, kein Schloss, keine Gitter sind dazu notwendig. Manche Menschen sind deshalb glücklich wenn sie in die Hausgemeinschaften einziehen. Frau N spricht es aus: ich bin froh, dass ich hier bin! Ihre Demenz ist nicht weit fortgeschritten, und sie ist eine dieser glücklichen Menschen, die sich freuen können, die die Veränderung als Verbesserung begrüßen können. Das macht es uns leicht. Jeder Tag bringt neue Gespräche und Kennenlernen der Umgebung mit sich. Frau N genießt, dass jemand da ist zum Reden. In einer Gemeinschaft zu sein, bedeutet ihr etwas.

Frau H geht es anders. Auch sie ist einsam gewesen zuhause. Sie ist kein so geselliger Mensch wie Frau N. Sie tut sich anfangs schwer Vertrauen zu fassen. Manche unserer Aktivitäten findet sie kindisch und fühlt sich lächerlich gemacht, wenn sie teilnimmt. Erst nach und nach freundet sie sich mit dem Leben hier an. Im Zimmer finden schon ganz nette Gespräche mit den Pflegenden statt und jetzt sehe ich sie öfter auch am Tisch sitzen bei den anderen.

Dann sind es die kleinen Gesten, die Zugehörigkeit schaffen: Blickkontakt, sich zur Begrüßung zunicken, beim Namen genannt werden, um etwas bitten, nach meiner Meinung gefragt werden, in ein Gespräch einbezogen sein.

Jeder Tag beheimatet die neuen Bewohner ein bisschen mehr in unserem Alltag. Jeder prägt das Zusammensein mit und verändert unsere Gewohnheiten ein wenig. In diesem Gestaltungsprozess passen wir uns gegenseitig an, und beeinflussen uns. Durch dieses „Beitragen“ wird jeder auf seine Weise sichtbar.

Frau J hat sich an Gesprächen oft nur sehr spärlich beteiligt. Ihre seltenen, scharfen Bemerkungen haben uns gezeigt, wieviel sie wahrgenommen und verstanden hat. Nach ihrem Tod wird uns noch bewusster, wie sehr sie Teil des Lebens im Wohnbereich gewesen ist.

Diese Chance zu nutzen, in Altenheimen in einem guten Sinn Begegnungen zu ermöglichen, sehe ich als eine sehr wichtige Aufgabe. Mit anderen Menschen zusammensein, einen Beitrag leisten, im Gespräch sein, das sollte auch für Menschen mit Demenz „normal“ sein.

liebe Grüße  Heike Schaumann